Der Bausektor verursacht weltweit rund 40 % der CO₂-Emissionen und die Hälfte des gesamten Abfalls. In Zeiten der Klimakrise wird es immer wichtiger, dass sich der Bausektor von der Wegwerf-Wirtschaft hin zu einer Kreislaufwirtschaft entwickelt. Das bedeutet: Materialien sollen wiederverwendet und Ressourcen geschont werden. Einige Architekturbüros und Initiativen haben 2025 mit ihren Projekten und ihrem Einsatz gezeigt, wie nachhaltiges Bauen funktionieren kann.
Inhalt
Toggle1. LXSY Architekten (Berlin): Das Büro als Botschafter der Wiederverwendung
Wissenstransfer und die neue Rolle des Architekten
LXSY Architekten (Kim Le Roux und Prof. Margit Sichrovsky) haben sich 2025 als eine der wichtigsten Stimmen im deutschsprachigen Raum positioniert, die prozessuale Innovation in den Vordergrund stellen.
Zentrale These
Bauen ist zu komplex geworden. Die Reduzierung auf das Notwendige (Suffizienz) und die Arbeit mit dem Vorhandenen sind der Schlüssel.
Wegweisender Ansatz
"Form follows availability" (Die Form folgt der Verfügbarkeit). Dies bedeutet, dass die Gestaltung nicht nur funktionalen, sondern auch den verfügbaren, gebrauchten Materialien folgt – eine radikale Abkehr vom traditionellen Entwurfsprozess.
Im Fokus
Das Büro war 2025 für den Bundespreis Ecodesign nominiert. Die Nominierung galt explizit dem "Service" und den innovativen Planungsprozessen, die sie für das kreislaufgerechte Bauen entwickelt haben. Zudem nutzte Prof. Sichrovsky ihre Professur, um 2025 auf Kongressen wie dem Zukunft Bau Kongress aktiv neue kollaborative Prozesse (die "Moderne Bauhütte") zu vermitteln, um alle Akteure der Wertschöpfungskette (Bauherren, Handwerk, Abbruchunternehmen) frühzeitig einzubinden.
Referenzprojekte
Projekte wie der Innenausbau des Impact Hub Berlin at CRCLR-House demonstrieren die konsequente Verwendung von Re-Use-Materialien und rückbaubaren, sortenreinen Konstruktionen.
2. ZIRKULAAR Architektur (Dresden): Der Weg zur systemischen Umsetzung
Die Operationalisierung von Zirkularität
ZIRKULAAR Architektur adressiert die praktischen Herausforderungen des Bauens im Kreislauf und hat sich 2025 als wichtiger Partner für Bauherren und Kommunen etabliert, die nachhaltige Bauprojekte systemisch umsetzen wollen.
Ganzheitlicher Ansatz
Das Büro kombiniert Entwurfsarbeit mit Consulting-Leistungen, um die Einhaltung zirkulärer Prinzipien über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes zu gewährleisten.
Modulares Bauen
Ein wichtiger Beitrag 2025 liegt in der Entwicklung modularen Bauens, das sowohl bei Neubauten als auch bei Umnutzungen eine hohe Flexibilität und Rückbaufähigkeit garantiert. Dies ist essenziell, da die Bauwende nicht nur den Neubau, sondern vor allem den massiven Bestand betrifft.
Regionale Stoffkreisläufe
Das Büro legt Wert auf die Stärkung regionaler Materialkreisläufe, was Transportwege und CO₂-Emissionen reduziert. Der Fokus liegt oft auf lokal verfügbaren, nachwachsenden Rohstoffen wie Holz oder Lehm.
3. HPP Architekten (Düsseldorf): Cradle to Cradle als Branchenstandard
Multiplikation der C2C-Idee
Obwohl „The Cradle“ bereits 2023 fertiggestellt wurde, diente es 2025 weiterhin als nationales Referenzobjekt der Extraklasse, um zu beweisen, dass Cradle to Cradle® (vom Entwurf bis zur Ausführung) auch bei großen, kommerziellen Projekten funktioniert.
Technologische Vorreiterschaft
"The Cradle" weist eine 50 % geringere CO₂-Bilanz auf als konventionelle Bauten. Dies wurde erreicht durch:
Definition C2C
- Weitgehender Ersatz von Beton durch Holz.
- Die Konstruktion nutzt primär Steck- und Schraubverbindungen (kein Kleben) für die verlustfreie Trennbarkeit der Bauteile.
- Alle Materialien sind dokumentiert und auf der Madaster-Plattform registriert, wodurch das Gebäude offiziell zu einem "Rohstofflager der Zukunft" wird.
4. Praeger Richter Architekten (Berlin): Ökologisches Bauen für die Gemeinschaft
Nachhaltigkeit im sozialen Kontext
Praeger Richter Architekten zeigen, dass ökologische Ambitionen nicht nur bei Luxusprojekten, sondern auch im Rahmen von Baugruppen- und bezahlbarem Wohnbau realisiert werden können.
Ausbauhaus Südkreuz
Das Projekt ist ein herausragendes Beispiel für die Verbindung von ökologischem Bauen mit gemeinschaftlicher Planung. Die Verwendung von Holz-Hybrid-Konstruktionen und die Fokussierung auf die Recyclingfähigkeit der Baustoffe reduziert die sogenannte "Graue Energie" (Energieaufwand für Herstellung, Transport und Entsorgung).
Partizipation und Langlebigkeit
Durch die Gestaltung als Ausbauhaus werden die Nutzer direkt in den Bauprozess eingebunden. Die robuste, flexible Struktur ermöglicht zudem eine einfache Umnutzung oder Anpassung der Wohnungen im Laufe der Zeit – ein wichtiger Aspekt der sozialen und ökonomischen Nachhaltigkeit.
5. Urban Mining/Re-Use Projekte (z. B. CRCLR House): Die Experimentierfelder
Skalierung der Kreislauflogistik
Initiativen und Gebäude wie das CRCLR House (mit LXSY Architekten als Miteigentümer und Planer des Innenausbaus) sind entscheidende Katalysatoren.
CRCLR House (Berlin-Neukölln)
Als ein frühes und bekanntes Beispiel für Urban Mining in Deutschland nutzt das Gebäude Materialien, die aus dem Rückbau anderer Gebäude stammen. Die Aufstockung des Hauses wurde beispielsweise als Holzskelettbau mit Strohdämmung realisiert – ein hochgradig ökologischer und nachwachsender Baustoff.
2025 und die Zukunft der Logistik
Diese Projekte sind wichtig, da sie die Notwendigkeit einer funktionierenden Logistik und Zertifizierung von Gebrauchtmaterialien aufzeigen. 2025 rücken der Aufbau von Bauteilbörsen und die Standardisierung von Materialpässen in den Fokus, um Re-Use von der Ausnahme zur Regel zu machen.
Zusammenfassung: Nachhaltige Architekturbüros als Treiber des Energiewandels
Alle genannten Büros zeigen, dass Nachhaltigkeit 2025 nicht nur Dämmung und Energieeffizienz bedeutet, sondern vor allem die grundlegende Frage nach dem Materialeinsatz und der Lebensdauer (Suffizienz und Zirkularität) von Gebäuden neu gestellt werden muss.
Überblick:
Büro | Fokus der Nachhaltigkeit 2025 | Hauptbeitrag |
LXSY Architekten | Prozess, Re-Use & Suffizienz | Etablierung neuer, kollaborativer Planungsprozesse für die Verwendung gebrauchter Bauteile. |
HPP Architekten | Material & Technologie (C2C) | Setzung eines Großprojekt-Standards für schadstofffreie, demontierbare und dokumentierte Gebäude. |
Praeger Richter | Ökologie & Soziales | Erfolgreiche Integration von ökologischer Bauweise und Recyclingfähigkeit in den Baugruppen- und bezahlbaren Wohnbau. |
Quellen:
LXSY Architekten | Nominierung Bundespreis Ecodesign 2025 (Kategorie „Service“ für „Zirkuläres Planen und Bauen“) | |
LXSY Architekten | Engagement & Vortrag Zukunft Bau Kongress 2025 (Thema: „Neue Planungsprozesse: Die moderne Bauhütte“) | Programm-Rückblick Zukunft Bau Kongress 2025 (Siehe Archiv-News zu den Mai-Terminen 2025) |
LXSY / CRCLR House | Best-Practice: Innenausbau/Re-Use (Verwendung von bis zu 70 % recycelten/wiederverwendeten Materialien) | Fallstudie Impact Hub Berlin at CRCLR House (Upcycling Architecture) |
HPP Architekten | „The Cradle“: Materialpass & Madaster-Registrierung (Dokumentation des Gebäudes als Rohstofflager) | Projektdetail „The Cradle“ mit C2C-Maßnahmen und Madaster-Verweis |
HPP Architekten | „The Cradle“: C2C-Prinzipien (Design for Disassembly, 50 % geringerer CO₂-Fußabdruck) |
Titelbild von Rachel Claire
Hintergrund-Informationen
- Zukunft Bau Kongress 2025: Der Kongress fand im Mai 2025 statt und betonte die Notwendigkeit zirkulärer und kollaborativer Prozesse, bei denen Prof. Margit Sichrovsky (LXSY) eine zentrale Rolle spielte. (Quelle: BBSR – Zukunft Bau Kongress 2025 (Programmvorschau/Rückblick))
- ZIRKULAAR Architektur / Praeger Richter Architekten: Diese Büros werden in Fachartikeln und Büroverschreibungen als Pioniere im Bereich der kreislaufgerechten Beratung und bezahlbaren, ökologischen Baugruppen-Architektur genannt. Aufgrund ihrer regionalen oder spezifischen Nischen sind ihre „2025“-Nachweise oft in regionalen Fachmagazinen oder auf Architektenkammer-Seiten zu finden.



